DIE WELTEN VON OLAF KAH!
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BRAZZEN

Tag 45

5/5/2015

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Im Kopf arbeitet es. Schuftet unaufhörlich.

Ratter. Ratter. Ratter.

Aber der Körper zieht nicht mehr mit. Schei... Brazze!

Mehr als Lethargie macht sich im Leben auf der Straße nicht mehr breit. Na gut, ich bin ab und zu auch im herkömmlichen Sinne breit und mehr als ich mir denken konnte. Denken konnte ... wie das klingt.

Warum kann ich aber an meine Zeit vor der Straße nicht zurück denken?

Da ist irgendeine Blockade, meinte Mathi.

Schön hat er das gesagt. Wirklich schön: eine Blockade. Klingt nach Schokolade. Oder nach Straßenka... nee, hören wir lieber davon auf. Sonst raste ich wieder völlig aus.

Brazze!

Also, da ist irgendwo eine Lade verschüttet, die ich nur zu öffnen brauche und schwupp, bin ich in meinen Erinnerungen.

Ich habe Angst. Habe Angst, die Schublade meiner Erinnerungen zu öffnen. Wer weiß, was da hervor kommt.

Will ich das wissen?

Mathi meinte, dass ich das wissen muss, ob ich will oder nicht, sonst wird sich bei mir nichts ändern.

Will ich etwas ändern?


So eine saudumme Frage: Natürlich will ich etwas ändern!

Alles will ich ändern. Lieber gestern als Morgen.

Also denk nach. Blödes Hirn, denke nach.

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Tag 42

5/5/2015

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Es ist eigenartig mit dem demonstrieren, wenn nicht sogar komisch.

Da wollte ich als entrechteter Bürger, als jemand, der wirklich um eine neue Existenz kämpft, der sich aus dem Sumpf, in dem ich stecke, irgendwann mal wieder rausziehen möchte, mit auf die Straße gehen, also besser gesagt: mich in deren Reihen eingliedern. Wenigstens dort. Was soll ich sagen?

Die wollten mich nicht dabei haben.


Da gehen die für die Armen der Welt auf die Straße. Nur die richtig Armen der Welt wollen sie nicht in ihren Reihen haben. Wir sind ihnen zu arm.

Die mit ihrer Wohlstandsrevolution. Was wissen die denn?

Schlagen Krach, als ob sie nix mehr zu verlieren haben. Aber die wirklich nichts mehr zu verlieren haben, schließen sie aus.

Was wissen die in ihrer Revoluzzer Langeweile schon von Nutzlosigkeit?

Wenn jemand kommt, der ihnen zeigt, wie es ist wie es wirklich ist, nichts mehr zu haben, was er verlieren könnte, wird ihnen bewusst, wie viel sie verlieren könnten, wenn es in die Schlacht geht.

Scheiß Therorie: Revolution ist dann, wenn man das Proletariat nichts mehr zu verlieren hat. Ein Scheiß ist die Theorie. Kein Wunder hat nie eine Revolution wirklich lange etwas gebracht. Man hat eben doch immer etwas zu verlieren und wenn es die letzte Ehre ist. Ein Obdachloser hat selbst das nicht mehr. Und das ist die Wahrheit ihr BRAZZEN! Ficken. Brazzen. Aaaaa... Arsch.... Apfelkuchen. Brazze.

Nee, dann bleibt doch lieber zu Hause und eeeeee... esst euren Apfelkuchen, grillt und fickt. Brazzen ihr!

Aber wer bleibt auf der Straße zurück, wenn euer sogenannter „Kampftag“ Geschichte ist? Ihr jedenfalls nicht.

Eure Bier, welches man von euch in die Hand gedrückt bekommt, in der Hoffnung, man bleibt an der nächsten Laterne im Suff liegen, könnt ihr euch in den Aaaa... Allerwertesten schieben. Damit ist es nicht getan.

Mir ist eh zur Zeit alles Wurst. Nur habe ich keine Wurst, sondern nur Zeit.

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Tag 40

30/4/2015

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Nachdem ich mich runtergefahren gefahren habe, bin ich ziemlich down. Wie soll ich jetzt einen Neustart schaffen? Kann ich mir ehrlich gesagt, gar nicht vorstellen.

Mathi meinte nur: „Nur ruhig. lass die Zeit schalten und walten. Hast ja jetzt jede Menge genug davon. Es wird schon wieder. Irgendwann einmal. Vertrau einfach darauf.“

„Du hast gut reden“, entgegnete ich. „Wie lange bist du schon hier?“

Keine Antwort.

Nach einer Weile sagte Mathi: „Es ist vielleicht besser Zeit zu verlieren, als das ... Ach, scheiß drauf. Du kannst nicht davor fliehen.“

Recht hat Mathi. Irgendwie. Wohin sollte ich auch fliehen, wenn die Welt um mich herum verrückt zu werden scheint? In den Wahnsinn? Vielleicht kurzzeitig. Aber danach?

Fazit: Ich muss herausfinden, warum ich auf der Straße gelandet bin. Dazu habe ich morgen nun wirklich Zeit, denn ich fliehe erst einmal an einen ruhigeren Ort, außerhalb dieser Straße hier, die morgen total voll von demonstrierenden Noch-Nicht-Verrückten wird, die aber wie in einem Tollhaus für irgendwas eintreten wollen, woran eigentlich keiner mehr so richtig glaubt.

Oder ich reihe mich ein, da ich auch um etwas kämpfen möchte, woran ich nicht glaube, dass mir die Erinnerung daran wieder kommt.

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Tag 34

24/4/2015

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Wie komme ich dazu, mich auszulassen, dass das Leben auf der Straße  zwar nicht angenehm, aber soweit auszuhalten geht? Wie komme ich dazu?

Ein Scheiß ist es! Das Leben auf der Straße ist ein Scheiß! Es kann nicht schlimmer sein, als ... als ... BRAZZE! Verfi... BRAZZE! Mir fällt kein geeignetes Wort ein, das den Zustand beschreibt.

Warum rege ich mich eigentlich so auf? Bin doch selbst Schuld, hier gestrandet zu sein. Aber muss man mir meine Schuhe klauen?

BRAAAAZZZZEEEEE!!! Der du mir mein Leben geklaut hast. Meine Schuhe sind mein Leben. BRAZZE! Es ist Arschkalt in der Nacht. Und dann soll ich noch barfuß rum laufen?

„Was regst du dich so auf?“, fragte mich Mathi von der Seite, während er seine Büchsensuppe schlürfte. Kalte Büchsensuppe. Wo sollte er sich diese auch warm machen, auf der Straße vorm Bahnhof vielleicht? Im Park? Scheiße nochmal. Was soll ich antworten?

„Also, was regst du dich so auf?“, fragte Mathi nochmals. „Dein Schlafsack ist doch auch nicht deiner, den hast du dir einfach gegriffen und gibst ihn seitdem nicht mehr her. Hockst die ganze Zeit drauf oder schleppst ihn mit.“

Jetzt war ich platt. Nicht einfach nur Sprachlos, sondern platt. Was soll ich? Das ist doch mein Schlafsack, das sagte ich Mathi auch.

„Nee, ist er nicht“, entgegnete er mir.

„Scheiße nochmal“, stieß ich hervor. „Von wem ist er dann?“

„Ach“, winkte Mathi ab, „mach dir keine Sorgen. Der, dem der Schlafsack vorher benötigte, brauch ihn nicht mehr. Der ist an Unterkühlung gestorben, weil er sich auf den Sack gelegt hatte, statt hinein.“

Das muss ich sacken lassen.

Brazze nochmal.

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Tag 33

23/4/2015

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Wenn ich nicht schon durchgeknallt wäre, anders kann ich mir meine derzeitige Situation nicht erklären, würde ich total verrückt werden. Ich kann es immer noch nicht nachvollziehen, dass und wie und warum ich überhaupt auf der Straße gelandet bin. Bisher konnte ich mir es auch gar nicht vorstellen, in der Gosse zu leben. Jedoch: Es funktioniert. Irgendwie funktioniert es. Erstaunlich, auf was der Mensch sich einlassen kann, wenn es sein muss oder er nicht weiß, wie ihm geschieht.

Es ist nicht angenehm und ich könnte mir etwas Besseres vorstellen, aber es geht, gerade so.  Habe immerhin schon einen Monat überstanden. Nun ja, die meiste Zeit im Delirium, so dass ich es gar nicht mitbekommen habe und nicht behaupten kann, dass ich überhaupt  was dazu sagen darf. Aber ich lebe noch.

Also gut: Ich bin der Letzte, der etwas zum Leben auf der Straße sagen darf, bin ich doch vor zwei, drei Tagen erst „aufgewacht“ und unter den Clochards habe ich nur Unterstützung bisher erfahren. Ist eine eingeschworene Gemeinde. Also doch in der „Geschlossenen“.

Mathi meint dazu immer nur: „Sei froh, es ist ein milder Frühling. Im Winter mit Minusgraden wärest du schön längst tief gefroren aufgewacht.“

Ja, ich bin nicht erfroren. Ich bin nicht liegengeblieben. Ich kann noch aufstehen. Ich kann noch ... Nein, kann ich nicht.

Jetzt, wo mein Stift über das Papier kratzt, fällt mir ein: Als ich in der digitalen Welt zu Hause war, mich in ihr jede Minute, jede Sekunde meines Lebens bewegt habe, mich darüber aufgeregt habe, so abhängig von ihr zu sein. Diese digitale Welt verflucht habe. Mein Gott – meine Ticks wurden von Tag zu Tag schlimmer. Brazze!


Sie fehlt mir, die digitale Welt. Ich würde mein beschissenes Leben für ein Blick auf ein Tablet geben. Mein Gesicht ins Buch hängen und liken, liken, zwitschernd teilen. Ein Königreich des versifften Schlafsacks für einen Blick auf ein Touchscreen.

Klar, teilen will bei mir keiner mehr, erst Recht nicht liken, auch wenn ich abends mit den Jungs unter der Brücke ab und zu einen zwitschern werde. Jedoch kommentieren, da sind diese Brazzen flott bei der Sache.

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Tag 31

21/4/2015

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Irgendwas ist passiert. Nur kann ich mich nicht dran erinnern. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe auf der Straße zu landen. Dazu noch in kurzer Zeit so zu verkommen.

"Ach was", winkt Mathi jedesmal ab, wenn ich die Frage vor mich hin brabble. "Ach was. Das geht ganz schnell. Schneller als du denkst. Wenn es passiert, dann ist es meistens von einem selbst nicht mehr aufzuhalten."

"Aber was ist passiert?", schreie ich Mathi dann an. "Ich kann mich doch an nichts erinnern."

"Vielleicht", lenkt er ein, "willst du dich ja auch nicht daran erinnern. Vielleicht ist es sogar besser so, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, damit das Leben auf der Straße nicht schwer wird."

"Verstehe ich nicht", schaute ich ihn verblödet, wie mir schien, an.

"Ganz einfach", versuchte Mathi mir es zu erklären. "Wenn du dich an dein altes Leben nicht erinnern kannst, weißt du nicht, was du verloren hast. Und das ist gut so. Das Leben alleine ist schon schwer genung. Das auf der Strasse noch viel härter. Da stören Erinnerungen nur."

"Ich weiß nur eins", sagte ich resigniert, "ich will auf eine Tastatur eindreschen. Tippen. Scrollen. Tippen. Passwörter. Anmelden. Tippen. Scrollen. Liken. Verfickt… Brazze."

"Jedem seine Sucht", ist das einzige was Mathi darauf entgegnete.

Ich weiß ehrlich nicht, was passiert ist. Ich weiß nur, dass irgendwas passiert sein muss, sonst würde ich nicht dort sein, wo ich gerade bin.

"Hmm", machte Mathi nach einer Weile, "du kannst es ja mal mit Reden probieren. Einfach mal anfangen, was dir so einfällt. Dann quasseln wir uns zurück, bis zu dem Punkt, wo dein Leben einen anderen Weg eingeschlagen hat. Wo du eine Abzweigung genommen hast, an die du dich nicht erinnern willst oder auch nicht kannst, weil du in deiner digitalen Sucht nur auf den Bildschirm geschaut hast, statt auf den Weg."

"Das würde bedeuten", sagte ich, "das ich alle meine Einträge zurück verfolge. Das kann ich nicht."

"Tja", grinzte Mathi breit, "auf Papier hättest du einfach blättern, nachschlagen können. Wer jedoch digital denkt, verliert irgendwann den Überblick. Verliert sich in einer anderen Welt. Biste deshalb abgestürtzt? Wie ein Computer? Grrrrssss. Schwarz. Game Over."

"Ach Quatsch", reagierte ich ungehalten, weil mich das ganze Analog-Digital-Zeugs,von dem Mathi quasselte, bereits jetzt ankotzte. "Ich hab kein funktionstüchtiges Gerät, um meine Accounts, Tags, Einträge und all das durchzuforsten. Deshalb, du Arsch ... Apfelkuchen. Verfickter. Brazze."

Beleidigt drehte sich Mathi weg: "Na wenn du meinst."

Endlose Minuten vergingen, in denen ich grübelte, wie ich an Stoff, meine an Computertechnik rankomme. Irgendjemand im Park oder auf der Strasse überfallen, um ein Tablet zu klauen oder so, kam nicht in Frage. Wie hätte ich mich anpirschen sollen? Stinke ich doch schon Meter-, wenn nicht Meilenweit gegen den Wind. Jeder hätte sich nach mir umgedreht, wenn ich von hinten anschleiche. Das fiel schon mal weg.

Ich brauchte einige Zeit, bis ich auf das Naheliegendste gekommen bin: "Hey, Mathi", versuchte ich eine Versöhnung, "kannst du mir nicht weiterhelfen. Alleine schaff ich das nicht."

"Hmm", grummelt Mathi, "keine Ahnung."

"Hast du nicht ein smartes Phone in deinen Taschen", fragte ich hoffend, eine schnelle Lösung gefunden zu haben.

"Nein, hab ich nicht", drehte sich Mathi langsam um, "ich muss im Gegensatz zu dir, nicht einem Trend hinterher hecheln und immer up-to-date sein. Ich mach mein Ding."

"Ach, lass es", winkte ich schon ungeduldig ab.

"Siehste", warf Mathi schnell ein, "auch wenn ich analog in deinen Augen bin, hab ich Zeit und Geduld, bis ..."

"Jetzt fängst du damit wieder an. Kannst du nicht aufhören damit?!", schrie ich Mathi an. "BRAZZE! Verfiii.... Verfi... BRAZZE!"

"Okay, wenn du meinst", drehte sich Mathi bereits wieder weg. "Fahr erst einmal dein Hirn runter. Deine Ticks sind ja nicht auszuhalten."

"Du Arsch! Du Brazze! Du ... ", kkrrrskst ..., brach die Mine des Stiftes ab. Ich hatte gedacht, das ich niemals meine Ticks auf Papier bringen könnte. Irgendwie ist das ja auch so, weil keine Mine der Welt hält meinen Ticks stand. Wenn ich austicke, dann nicht mehr auf Papier.
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Tag 30

20/4/2015

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Das Wochenende ist vorbei. Langsam beleben sich draußen die Straßen wieder mit hektischen Menschen, die von A nach B hetzen. Vorbei mit der Geruhsamkeit des Sonntags. Vorbei mit dem Regen.

Endlich! Die Sonne scheint wieder. Und wie sie scheint? Wie sie wärmt? Das tut meinen Knochen auf die alten Tage gut. Das tut der Seel gut. Ganz zu schweigen von meinen triffenden Klamotten. Oh Mann, wie die nach so einem Sauwetter stinken würden, wenn sie nicht schnell trocken werden. Aber Irre müssen stinken, oder zumindest unangenehm riechen. Brazze, du.

Ausserdem vertrieb die Sonne dunstige Nebelschwaden, die über die Wege wabberten, als der Regen nachlies und es schon merklich wärmer wurde. Und die Sonne vertrieb auch den digitalen Schleier - so möchte ich den jetzt mal nennen - aus meinem Gehirn.

Wie staunte ich, als ich zum ersten Mal nach langer Zeit mit meinen eigenen Augen in die Welt blickte. In die richtige Welt, will ich sagen. Das heißt jetzt nicht, dass ich vorher nicht in die Welt blickte, aber das war immer ein Staunen in einen Bildschirm und eine damit verbundene digitale Welt.

Brazze, du! Aaaaa... Apfelkuchen. Brrrrraaaaa... Brazze.

Hui, wenigstens das Ficken ist weg... Oh sorry, mit dem Verdunsten meines geistigen Nebels, hab ich ganz vergessen niederzuschreiben oder zu erwähnen, das sich auch meine Ticks langsam gelegt haben. Welch Wunder, verfi.... Brazzen Wunder.

Egal, es ist alles ein Prozess. Im Lauf. Chips hin oder her. Prozessing is over und beginnt von vorn. Mein digitales Hirn schaltete langsam auf analog um: Ich sah und sehe die Welt mit anderen Augen und erschrack.

Auf's heftigste habe ich mich erschrocken, als ich auf einmal in die Augen eines schmuddliges Etwas mit ungepflegten Haaren, schmuddligen Kleidern, schwarzen Fingernägeln und einem Zottelbart, ich sag euch, ein Zottel von Bart war das, wo noch Reste der letzten, vorletzten und von was weiß ich wie lange her darin hingen, schaute.

"Na?", sagte das Schmuddelwesen amüsiert. "Schau nicht so. Siehst selbst nicht besser aus."

Ich schaute an mir runter. 'Oh, nein! Wie seh ich denn aus? Grausame Welt. Ich werd wahnsinnig. - Ich bin wahnsinnig. Ich hab es gewusst. WAAAAAHNSINN!'

Lange habe ich gedacht, ich wäre im Irrenhaus gelandet, aber so wie ich aussah ... Nein, das konnte nicht sein: Ich ... Ich ... Ich bin, ich wage es nicht auszudrücke: Ich bin ein Assi, ein Chlochard. Lebe auf der Strasse und mein Bett ist ein versiffter Schlafsack auf einer Pappunterlage. Klar erkannte ich den Schlafsack, das war mein, oh so schöner, ehemals schöner Outdoorsack, mein teurer Outdoor-Schlafsack. Hält warm bis Minus 30 Grad. In dem Augenblick war ich natürlich froh und hoffte dennoch, dass ich dies nie ausprobieren musste.

"Na?", wiederholte das Schmuddelwesen seine Eingangsfloskel, "hast du dich an deinen Anblick gewöhnt. Das erschreckt jeden, wenn er noch nicht lange auf der Straße haust."

"Aber, aber", stotterte ich, "aber, was mach ich hier? Ich dachte, ich wäre im Irrenhaus gelandet. In der Geschlossenen. Und nicht in der Gosse."

"Ja", entgegnete das andere Wesen, "das meinen die meisten, dass das alles irre ist. Aber in der Geschlossenen bist du. Unsere Welt ist eine geschlossene Welt. Für jeden erreichbar, aber kaum wieder zu verlassen. Einmal drin. Zugeschlossen. Und der Schlüssel von der Tür, zurück in das Leben da", er machte mit seiner Hand eine Kreisbewegung, "ist irgendwo versteckt. In den Fluss des Lebens geschmissen. Also: Für dich gibt es kein zurück."

"Wie? Was soll das heißen? Wie komme ich hier her? Was mach ich hier?", fragte ich verwirrt. "Ich weiß nicht, wie ich hier hergekommen bin. Ich will eine Antwort. Sofort!"

"Da ergeht es dir nicht anders als all den anderen", sagte das Wesen. "Es scheint, dass du deine Nerven nicht im Griff hast und deine Gedanken dir allzu oft einen Streich spielten. Sah und sieht man auch an deinen Ticks. Mann oh Mann. Wenn ich mich nicht abundzu weggeduckt hätte, hättest du mir manchmel eine reingehauen. Volle Wucht, du. Aber, was ich sagen möchte: Es begreift niemand so richtig, warum er auf der Straße landet. Dafür gibt es viele Gründe."

Den Schock muss ich verdauen. Um mich abzulenken, fragte ich: "Wer bist denn du?"

"Oh, sorry", sagte das Wesen, "hab mich noch gar nicht vorgestellt. Ich hieß im bürgerlichen Leben Mathias Legar. Aber alle hier nennen mich nur Mathi. Mathi der Philosoph. Der mit den immer fragenden Gedanken. Nie lass ich etwas ruhen. Immer muss ich allem auf den Grund gehen. Dabei hab ich mich verlaufen, oder gehen lassen. Zu sehr gehen lassen. Nun ja. Nenn mich einfach: Mathi. Oder wie du willst? Werd mich auch an das gewöhnen. Keine Angst."


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Tag 27

17/4/2015

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Tropf. Tropf. Tropf. Nein, ich bin kein Tropf und sag es mir immer wieder vor. So durchgeknallt bin ich dann doch noch nicht. Aber: Es regnet schon seit Stunden.

Tröpfelt. Regnet stärker. Tröpfelt wieder. Strömt, regnet, tröpfelt. Und das soll die nächsten Tage erst einmal so bleiben. Aber was ist schon vorhersehbar? Selbst das eigene Leben trotzt den Widrigkeiten, die bei der Geburt noch nicht zu erkennen waren. Wetter und Leben sind unberechnenbar und nur kurzfristig vorhersagbar.

Es regnet immer noch. Tröpfel, tröpfel, pfui Teufel. Da will man selbst keinen Hund vor die Tür setzen. Selbst die Stimme meines vermeintlichen zweiten Ichs hat sich in ihre Hölle verkrochen. Nur ich muss draußen rumlaufen. Bin nicht ungestört, weil sich alle unterstellen müssen. Nur im Regen stehen? Dazu habe ich auch keine Lust. Muss mir die Beine vertreten, sonst roste ich ein... Ironie des Wetters: Rosten meine alten Eisen bei dem Regen nicht auch ein? Korrosion der Knochen nach Aufweichung der Haut?

Was sag ich da? Es ist einfach nass. Eine Situation, die weder für Papier noch für Technik geeignet ist. Entweder weicht das Papier auf, oder die Technik hat an der frischen Luft im Regen einen Kurzschluss.

Jetzt tropft es von der Kapuze, so dass ich für heute Schluss mache.


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Tag 24

14/4/2015

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Nun hat es doch einige Zeit gedauert, bis ich die ganze Sache mit dem "auf Papier schreiben" selbst zu Papier gebracht habe. Ist verdammt anstrengend, seine Hand zu nutzen. Ohne Phone, ohne Tastatur fühlt man sich gleich als Krüppel. Dabei ist es nur eine Übungssache, denn je länger ich geschrieben habe, umso flüssiger wurde es. Hab nicht einmal viel durch streichen müssen. Bei "in die Tasten hauen" habe ich viel mehr Zeit verschwenden, weil ich schneller als ich wollte mit meinen dicken Finger daneben gegriffen hatte. Es sei, wie es sein. Mit oder ohne Phone ein Krüppel. Brazze verdammt no... noooo.... nochmal.

Gehen wir zurück auf Anfang. Tiiii... Tiiillll... Tilt. Brazze du!

Wie ich zu meinem Bett, zu meiner kleinen, bescheidenen Behausung zurück kam, tobte ich weiter wie ein Rohrspatz. Meine Aussetzer und Ticks wurden stärker, obwohl ich versuchte, was geht, mich zu beruhigen. Aber einmal süchtig, immer abhängig von dem Zeugs. Egal was es ist.

Da hörte ich auf einmal eine Stimme und dachte: 'Nein, nicht das auch noch. Reicht es nicht aus, dass ich hier schon wegen der ausfälligen Ticks hier gelandet bin? Muss ich jetzt auch noch Stimmen hören? Scheiße nochmal.'

Und schlug wild um mich. Wedeltet mit den Armen. Mein Kopf wirbelte wild umher.

"Hey, alles gut", brabbelt die Stimme. "Ruhig Brauner. Ich will dir ja nur helfen."

"Ha! Helfen willst du?"

"Ja klar", grunzte es zwischen den Ohren.

"Dann hol mich hier raus und lass mich in Ruhe. Du Stimme, du. Brazze!"

"Hey, jetzt komm mal runter", meinte die Stimme in mir, "du bist doch nicht auf den Kopf gefallen, sondern nur auf die Strasse."

"Ha! Was sagst du da? Auf die Strasse? Im Irrenhaus! Im Irrenhaus bin ich gelandet. Nichts weiter als im Irrenhaus!"

"Okay", antwortete die Stimme ruhig, "wenn Du es so siehst, dann halt im Irrenhaus. Ich wollte dir nur einen Tipp geben."

"Ach ja? Und welcher wäre das?"

"Versuch es doch mal mit Schreiben", lachte die Stimme boshaft, nein eigentlich herzhaft auf.

Aber ich war nicht mehr zu halten und schrie: "Was denkst du denn eigentlich, was ich hier die ganze Zeit machen! ICH SCHREIBE DOCH! Verfickter APFELKUCHEN! BRAZZE DU!"

"Das nennst du schreiben?", fragte die Stimme, "mach doch mal deine Augen auf. Das was du schreiben nennst, ist doch nix weiter als tippen. Tippen für einen flüchtigen Moment der im Raum des Äthers verschwindet, sobald du auf Enter oder Senden gedrückt hast. Mit schreiben meine ich: Schreiben mit der Hand. Auf Papier. Schreiben für die Ewigkeit. Wie es die grossen Dichter und Philosophen gemacht haben. Auf Papier schreiben heißt, dass es bei dir bleibt, für immer. Dein Text für dich und für andere. Schreiben auf Papier, den Text kann dir niemand mehr nehmen. Dagegn dein Getippe ist futsch, sobald es vom Bildschirm verschwunden ist."

Langsam beruhigte ich mich und ließ mich auf die Diskussion ein: "Was weißt denn du, altes Hirn? Ich hab meine Texte allesamt abgespeichert."

"Hmpf?", schnaufte die Stimme, "dann zeig sie mir doch mal."

Jetzt viel mir wieder ein, dass mein Phone abgestürzt war, keinen Saft mehr hatte: "Du Brazze, du! Das machst duch mit Absicht. Arschlo..."

"Nein, nein", beschwichtigte mich die Stimme, "das liegt mir fern. Ich wollte sie doch nur mal sehen."

'Na, das ist ja Klasse', ging es in anderen Gehirnregionen durch die Windungen. 'Da interessiert sich endlich jemand für meine Texte und dann da... Hey! Moment mal! Du bist ja nur eine Stimme in meinem Kopf. Du musst gekommen sein, als ich mit dem Schädel gegen die Mauer geprallt bin."

"Kann sein", höhnte es. "Aber kannst du mir nun die Texte zeigen?"

"Äh, nein. Nicht wirklich. Warum"?

"Nun, hättest du sie auf Papier, könntest du sie zeigen und jeder Zeit selbst in die Hand nehmen und nachschlagen."

"Das kann ich doch auch digital", entgegnete ich, musste aber nachgeben: "Wenn mein Ding hier wieder funzzt."

"Ja, ja", meinte die Stimme resigniert, "jeder Zeit einsatzbereicht. Jeder Zeit erreichbar. So ein Blödsinn. Wenn dein Speicher abstürzt, ist alles dahin. Papier kann nicht abstürzen."

"Aber brennen", hielt ich dagegen.

"Siehste", lachte die Stimme auf, "deine Aufzeichnungen können dir auf Papier Wärme geben. Sogar nützlich sein ..."

Das musste ich sacken lassen: Meine Stimme, die keiner hört ausser mir, wollte, dass ich schreibe. So richtig mit Hand, Stift und Papier schreibe.

Langsam beruhigte ich mich und verfiel in einen tiefen Schlaf.
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Tag 19

9/4/2015

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Jetzt fragt ihr euch, wie ich weiterschreiben kann, obwohl ich aus diesem ... verfi... ver... Brazzenladen rausgeflogen bin und auch keine Möglichkeit mehr hatte, irgendwo was einzutippen, auf die Tastatur zur hauen. Gaaaa... Gaaaan... Ganz einfach. Brazze.

Ich schreibe auf Papier, welches ich reichlich finde auf meinen Wegen durch dieses ... dieses ... Leben, nein, durch dieses Dasein, dahin vegetieren, durch dieses Zeit absitzen. Auf Wegen durch diesen Laden hier, halt.

Ja, ich schreibe. Auf Papier. Nicht immer ganz weißes Papier. Aber immerhin Papier.

Wie es dazu gekommen ist? Dazu später mehr. Ist eine längere Geschichte.

Jedenfalls fühle ich mich das erste Mal nicht wie ein Krüppel. Kein Aussätziger mehr. Kein von der Gesellschaft Ausgestoßener mehr. Kein Kommunikationsamputierter mehr. Ich bin, lebe und ... vegetiere immer noch unter all den Verrückten dahin.

Also: ein Aussätziger, ein von der Gesellschaft Ausgeschloßener. Ein Arsch der in euer tägliches Blickfeld rückt, wenn ihr hinschauen würdet. Aber das tut ihr nicht. Ihr steigt über mich hinweg. Geht an meinem neuen Heim vorbei, schaut nicht mal wie durch ein Fenster hinein. Für euch bin ich hinter eine Betonwand gebannt. Dort wo all die Verrückten und Durchgeknallten und Gestrandeten halt so landen.

Schade.
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